Warum verwende ich Facebook und wie weit ist mein Alltag mit dem sozialen Netzwerk verwoben? Welchen Mehrwert bietet mir Facebook eigentlich noch? Muss ich immer wissen, wann meine „Freunde“ zuletzt online waren, wo sie gerade sind, was sie machen? Und vor allem will ich, dass meine „Freunde“ jederzeit sehen können, wann ich zuletzt online war? Alle möglichen Privatsphäre-Einstellungen sind bereits voll ausgereizt und Inhalte und Aktivitäten auf der eigenen Seite sind sowieso nur den Wenigsten zugänglich, aber dennoch bleibt das Gefühl, dass hier zu viel über mich preisgegeben wird.
In den vergangenen Monaten habe ich bereits damit begonnen meine „Freundesliste“ bei Facebook durchzugehen und nur die Freunde zu behalten, mit denen ich regelmäßig in Kontakt stehe oder aber eine generell engere Verbindung habe. Lose Kontakte – Menschen, die man mal auf einer Party kennengelernt hat oder mit denen man vor ewigen Zeiten mal einen Kurs an der Uni besucht hat, mussten weichen. Von den vorher ca. 200 vermeintlichen Freunden – sowieso bereits kein Facebook-Highscore – sind am Ende ungefähr 120 geblieben. Ein befreiendes Gefühl! Aber nicht genug, denn hinzukommt die Tatsache, dass der private Account in letzter Zeit ebenso häufig genutzt wird, um mal schnell die Kunden-Seiten zu checken: Ist das Posting veröffentlicht worden, ist eine bestimmte Fan-Zahl erreicht – muss das entsprechende Posting dazu raus, laufen die Werbeanzeigen wie gewünscht. Nur mal schnell gucken schadet ja nicht, oder?
Immer mehr das Gefühl, wie zeit- und Gedanken einnehmend das Medium ist. Es folgt der impulsive Entschluss Anfang der Woche: Facebook-Pause! Ha, guter Plan, Catharina! Allein beruflich bist du täglich zehn Stunden bei Facebook und Co. zu finden. Aber dennoch, vielleicht als Ausgleich zumindest der Verzicht auf den privaten Account.
Gesagt, getan: Am Abend folgt die Info an alle Facebook-Freunde: „Ich bin dann mal weg, meldet euch gern per E-Mail bei mir.“ 7 Stunden später wird dann der Account deaktiviert. Geht ganz einfach: Nur ein paar Klicks und schon ist man offline. Puh – fühlt sich gut an! Irgendwie so leicht.
In der Bahn zur Arbeit dann der erste Impuls – nur mal kurz die neuen Artikel des Cale-Magazine, der Flow oder Im Gegenteil lesen und/oder sich von deren Quotes für den neuen Tag motivieren lassen, bei How Sweet It Is Inspirationen für das Abendessen sammeln und bei der TextilWirtschaft und T3N die neusten Infos aus der Branche abfangen. Bei der Zeit kurz das Weltgeschehen verfolgen, um mindestens das Gefühl zu haben nicht all die Infos um Ebola, Warnstreik und Syrien zu verpassen und dann noch mal schnell auf die eine Seite des Kunden gehen. Nur schon mal schauen was so los war – um vorbereitet zu sein, bevor man gleich das MacBook startet.
All das passiert also morgens in der Bahn eher unterbewusst – wird mir an diesem Morgen ohne all das klar. Okay, dann verzichte ich also jetzt auf diese Infos. Komisches Gefühl. Auch über den Tag verteilt immer wieder der Impuls zum Smartphone zu greifen und einfach mal schnell zu schauen, was es Neues gibt. Zudem kann man einige Applikationen nur in Verbindung mit dem eigenen Facebook-Account nutzen. Auf die muss ich dann jetzt also auch verzichten. Will ich das? Auch das Einloggen bei Pinterest, Spotify und Co. erfolgt eigentlich automatisch über Facebook. Nun also die nervige manuelle Eingabe… und so viele weitere „Kleinigkeiten“, die nun irgendwie nicht mehr möglich sind… Und schon nach einem Tag ist der Einfluss, den Facebook auf mein Leben hat, unabwendbar. Heute Morgen sitze ich wieder in Bahn. Reconnectetd. Ich bin zurück. Puh.
Vielleicht bin ich schwach, vielleicht hätte ich einfach noch ein paar Tage länger durchhalten sollen. Vielleicht wäre es dann einfacher geworden. Aber für den Moment bin ich zurück. Was habe ich gelernt? Facebook ist für mich mittlerweile sehr viel mehr Informationskanal, professionell geführter Seiten und sehr viel weniger soziales Medium um mit meinen Freuden zu kommunizieren. Und genau als das werde ich es auch in Zukunft verstehen: Als Kanal, der Infos, die mir im Alltag wichtig sind, bündelt und mich schnell auf diese zugreifen lässt.